Zahnfrakturen bei Geschwindigkeitsänderung von ungefähr 10 km/h

Das LG Dortmund hatte zu entscheiden, ob es bei der Beschleunigung eines Fahrzeuges von ca. 10 km/h durch ein Unfallgeschehen zu einem Aufprall der Zähne gegen das Lenkrad kommen konnte.

Gegenstand der Entscheidung war ein Verkehrsunfall, bei dem
der Beklagte zu 1 mit dem von ihm geführten und bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeug mit dem rechten Heck des von dem Kläger gesteuerten Fahrzeuges kollidierte.

Der Geschädigte erhob daraufhin Klage auf Ersatz von zahnärztlichen Behandlungskosten. Der Kläger behauptete, bei diesem Verkehrsunfall sei er wegen des auf sein Fahrzeug von hinten auffahrenden Beklagtenfahrzeugs mit den Zähnen des Oberkiefers gegen das Lenkrad des eigenen Fahrzeuges geschlagen. Dies habe zu Zahnschäden geführt. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit von tiefgreifenden Behandlungen und eines Zahnersatzes.

Der Sachverständige berechnete, dass sich durch den Unfall eine Geschwindigkeitsänderung für das klägerische Fahrzeug zwischen etwa 10 und 13 km/h ergeben und auf den Kopf des Klägers eine Belastung wie bei einer Frontalkollision mit einer Geschwindigkeit zwischen 8 und 12 km/h eingewirkt habe. Bei einer solchen Beschleunigung sei es nach Beurteilung des Sachverständigen ausgeschlossen, dass ein angeschnallter Fahrer mit dem Kopf im Bereich des Lenkrades anstößt.

Das Gericht berücksichtigte auch den sodann abgeänderten Vortrag des Klägers, er könne unmittelbar in der Unfallsituation, bei dem Versuch die Handbremse zu betätigen, vorbeigegriffen haben und versehentlich den Gurtverschluss geöffnet haben. Sowohl der Sachverständige als auch das Gericht haben dies unter den konkreten Verhältnissen jedoch nicht als realistische Möglichkeit angesehen.

Die Beeinträchtigungen der Zahngesundheit bei dem Kläger erbrächten auch nicht etwa aus sich heraus den Beweis, dass es bei der Gelegenheit des Unfalles zu einem Anstoß des Kiefers oder der Zähne gegen das Lenkrad oder anderer Teile des Fahrzeuges gekommen sein müsse. Die - im Falle des Klägers sachlich eindeutig nicht zutreffende - Empfindung, es sei zu einer Lockerung der Zähne gekommen, könne sich auch daraus ergeben, dass durch die Anspannung bei dem Unfallgeschehen selbst, ohne einen Anstoß des Kopfes, ein solches Gefühl tatsächlich entstehen könne. Dies gelte erst Recht, weil bei dem Kläger, wie der Sachverständige erklärte, eine Zahnstellung vorlag, bei der es zu einem Kontakt der Zähne auch im Frontbereich des Kiefers kam.

Der Sachverständige hat im Übrigen ausgeführt, dass die Beschädigungen an verschiedenen Stellen im Bereich des schon vorhandenen Zahnersatzes nicht erst bei dem Unfall entstanden waren, da Absplitterungen schon im Vorfeld des Unfallereignisses durch die behandelnde Zahnärztin dokumentiert worden seien.


LG Dortmund, Urteil vom 09.08.2018 – 21 O 67/15

31.01.2023, 10:00
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht