Sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren aufgrund Tarifvertrag

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines Sachgrundes nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig.

Von dieser gesetzlichen Befristungshöchstgrenze bei Fehlen eines sachlichen Grundes kann gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 TzBfG durch Tarifvertrag abgewichen werden. Den Tarifvertragsparteien wird die Möglichkeit eröffnet, die Höchstdauer der Befristung und die Anzahl der Vertragsverlängerungen abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG festzulegen.

Auch wenn diese den Tarifvertragsparteien eingeräumte Möglichkeit nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich nicht eingeschränkt ist, so hat das Bundesarbeitsgericht im Rahmen eines Urteils vom 24.02.2021 - 7 AZR 99/19 –erneut festgestellt, dass aufgrund des systematischen Gesamtzusammenhangs und des Sinn und Zwecks von § 14 TzBfG sowie aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen jedoch eine immanente Beschränkung der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffneten Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien besteht.

Das BAG nimmt insoweit auf seine grundlegende Entscheidung aus dem Jahr 2016 (BAG, 26.10.2016 - 7 AZR 140/15) Bezug und stellt erneut klar, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Grenze der tariflichen Regelungsbefugnis bei der Festlegung der Dauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses auf maximal sechs Jahre und der höchstens neunmaligen Verlängerung bis zu dieser Gesamtdauer erreicht ist.

Sofern die Regelung eines Tarifvertrags, hier der Tarifvertrag über befristete Arbeitsverhältnisse im deutschen Steinkohlenbergbau (TV Befristung Steinkohlenbergbau), der eine sachgrundlose Befristung bis zu einer Gesamtdauer von sieben Jahren vorsah, nicht von der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffneten Regelungsbefugnis gedeckt ist, kann diese Regelung in der Regel nicht „geltungserhaltend“ dahin ausgelegt werden, dass die Tarifvertragsparteien einen - nach der Rechtsprechung des BAG wirksamen - Höchstbefristungszeitraum von sechs Jahren vereinbaren wollten.
Eine ergänzende Auslegung tarifvertraglicher Regelungen kommt nach dem BAG grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine (anfänglich) unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist.

Bundearbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2021 - 7 AZR 99/19 –

30.06.2021, 10:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht