Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz

Gesellschaftsrechtliche Ansprüche in der Insolvenz des Unternehmens gegen Gesellschafter und Geschäftsführer


Gewährt ein Gesellschafter der eigenen Gesellschaft ein Darlehen, wird sein Rückzahlungsanspruch im Fall der Insolvenz der Gesellschaft nachrangig im Verhältnis zu den Forderungen anderer Gläubiger behandelt – d.h., er fällt voraussichtlich mit seinem Anspruch aus. Zudem muss er damit rechnen, dass er sämtliche Rückzahlungen auf das Darlehen, die er im Jahr vor der Insolvenzantragstellung erhalten hat, im Zuge einer insolvenzrechtlichen Anfechtung an die Insolvenzmasse zurückerstatten muss. Gleiches gilt für Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

1. Nachrang von Gesellschafterdarlehen, § 39 Abs. 1 InsO
Die Regelung des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr.5 InsO bestimmt, dass Gesellschafterdarlehen und darlehensgleiche Leistungen in der Insolvenz nachrangig befriedigt werden. Gesellschafter werden mit diesen Forderungen erst dann berücksichtigt, wenn nach den vorrangigen Verfahrenskosten, den Massekosten und den Forderungen der „normalen“ Gläubiger noch Vermögen zur Verteilung zur Verfügung steht. Dies ist in der Praxis so gut wie nie der Fall, sodass Gesellschafter mit ihren Darlehensrückforderungen meist vollständig ausfallen. Die Forderungsanmeldung wird im Insolvenzverfahren überhaupt nur aufgenommen, wenn die nachrangigen Gläubiger zur Anmeldung aufgefordert wurden.

Wirtschaftlich gleichgestellt sind dem Darlehen Forderungen des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, die nicht aus einer typischen Darlehensgewährung resultieren, bei denen der Gesellschafter Ansprüche zum Zeitpunkt der Fälligkeit jedoch nicht gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht, sondern diese Gelder im Unternehmen belassen, die Ansprüche also gestundet hat, z.B. die Nichtauszahlung von Geschäftsführervergütung, die Nichtgeltendmachung von Spesen, das Stehenlassen von Guthaben auf Verrechnungskonten o.ä.

Um Umgehungen zu vermeiden, gilt die Nachrangregelung auch für solche Darlehen, die ein Gesellschafter mittelbar aus seinem Vermögen gewährt, beispielsweise indem er eine von ihm beherrschte Gesellschaft zwischenschaltet, die das Darlehen an die Gesellschaft ausreicht. Nicht betroffen vom Nachrang sind hingegen Verwandte des Gesellschafters, z.B. Eltern oder der Ehepartner, wenn das Darlehen aus deren eigenem Vermögen gewährt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2018, AZ: IX ZR 39/18).

Die Nachrangregelung gilt nur in Gesellschaften, in denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet, also in der Regel der GmbH, der UG und der GmbH & Co.KG (vgl. § 39 Abs. 4 InsO). Befreit von der Nachrangregelung sind Ansprüche von geschäftsführenden Gesellschaftern mit Kleinbeteiligungen unter 10% am haftenden Kapital.

2. Rückforderung in der Insolvenz, § 135 Abs. 1 Nr2 InsO
Hat der Gesellschafter im Zeitraum eines Jahres vor der Insolvenzantragstellung bis zur Insolvenzeröffnung Rückzahlungen auf die von ihm gewährten Gesellschafterdarlehen erhalten, so kann der Insolvenzverwalter diese anfechten und den Gesellschafter zur Rückführung an die Insolvenzmasse auffordern.

Auch hier sind, wie bereits oben zum Nachrang ausgeführt, Vorgänge, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen, wie ein solches zu behandeln. Hat sich der Gesellschafter-Geschäftsführer beispielsweise sein Gehalt vorübergehend nicht ausgezahlt, so wird dies auf Grund des vorübergehenden „Stehenlassens“ wie ein Darlehen behandelt. Zahlt sich der Gesellschafter diese Summe später aus und liegt die Auszahlung im Zeitraum eines Jahres vor Insolvenzantragstellung, kann der Insolvenzverwalter diese Auszahlung insolvenzrechtlich anfechten. Problematisch sind für den Gesellschafter weiter Vorgänge, bei denen er der Gesellschaft kurzfristig Liquidität zur Verfügung stellt oder aus seinem Vermögen Rechnungen für die Gesellschaft begleicht und dies nicht sofort zurückfordert, da dies ebenfalls eine darlehensgleiche Handlung darstellt. Rückzahlung im Jahreszeitraum vor Antragstellung können der Anfechtung unterliegen und sind dann ggf. an die Masse zu erstatten.

Auch im Bereich der Anfechtung nach § 135 InsO gilt das Kleinbeteiligungsprivileg des geschäftsführenden Gesellschafters. Rückzahlung, die an Darlehensgeber erfolgten, an denen Gesellschafter mittelbar beteiligt ist, sind ebenfalls erfasst.

3. Anmerkungen
Gesellschaftern ist es im Vorfeld einer Insolvenz nicht verboten, Rückzahlungen im Hinblick auf die von Ihnen gewährten Darlehen oder darlehensgleichen Vorgängen entgegen zu nehmen. Allerdings müssen sie damit rechnen, dass Rückzahlungen, die innerhalb der Jahresfrist vor dem häufig von ihnen selbst als Geschäftsführer gestellten Insolvenzantrag vorgenommen wurden, in der Insolvenz zurückgefordert werden.

Fordert der Insolvenzverwalter den Gesellschafter zur Erstattung von Rückzahlungen darlehensgleicher Vorgänge auf, lohnt sich ein genauerer Blick darauf, ob dies tatsächlich der Fall ist. Häufig besteht Raum für Verhandlungen mit dem Verwalter, ob und in welcher Höhe hier Zahlungen an die Insolvenzmasse zu leisten sind. Anfechtungsansprüche sind allzu oft kein Selbstläufer für den Verwalter!

28.05.2021, 14:15
Kategorien: Veröffentlichungen