Erben und Vererben – ein Überblick in Fragen und Antworten (2/3)

4. Welche letztwilligen Verfügungen gibt es?
5. Was kann man in einem Testament regeln?
6. Wie wird mein Testament gefunden?
7. Was macht das Nachlassgericht?
8. Wie wird man Erbe oder auch nicht? 

 

4. Welche letztwilligen Verfügungen gibt es?


Die verschiedenen Varianten, in der ein Testament errichtet werden kann, sind im Gesetz abschließend geregelt:


4.1. Eigenhändiges bzw. privatschriftliches Testament (§ 2247 BGB)
Wer unbeschränkt testierfähig ist, kann seine letztwillige Verfügung als eigenhändiges Testament errichten, dergestalt, dass er den gewünschten Inhalt eigenhändig, also handschriftlich niederlegt und das Schriftstück unterzeichnet. Zu Beweiszwecken sollten Ort und Datum der Errichtung ebenfalls niedergeschrieben werden. Die Unterschrift sollte aus Vor- und Nachnamen bestehen und sich am Ende des Textes, bei mehreren Seiten auf der letzten Seite befinden. Nicht ausreichend ist, ein Testament auf der Schreibmaschine oder einem Computer zu schreiben und den Text auszudrucken, selbst dann nicht, wenn man den Ausdruck sodann eigenhändig unterschreibt. Das eigenhändige Testament muss handgeschrieben und unterschrieben sein.


Das eigenhändige Testament kann vom Testierenden jederzeit ganz oder in Teilen widerrufen, für ungültig erklärt oder durch Errichtung eines neuen Testaments aufgehoben werden.


Die Aufbewahrung des Testamens erfolgt entweder durch den Testierenden selbst, einer Vertrauensperson oder durch Hinterlegung des Testaments beim Nachlassgericht in dessen Bezirk der Erblasser seinen Wohnsitz hat. Eine Hinterlegung beim Nachlassgericht wird im Zentralen Testamentsregister vermerkt. Die Hinterlegung bei Gericht und Eintragung im Testamentsregister löst Kosten in Höhe von derzeit 93 € aus.


4.2. Notarielles bzw. öffentliches Testament (§ 2032 BGB)
Beim notariellen Testament wird der letzte Wille des Testierenden in einer notariellen Urkunde festgehalten, die der Testierende vor dem Notar unterzeichnet. Abhängig vom Vermögen, das zum Zeitpunkt der Beurkundung den Nachlass des Erblassers ausmachen würde, entstehen hierbei Notargebühren. Der Notar nimmt die Hinterlegung des notariellen Testaments beim Nachlassgericht vor und benachrichtigt das Zentrale Testamentsregister.


4.3. Nottestament (§§ 2249 – 2251 BGB)
Das Gesetz ermöglicht in besonderen Notlagen, in denen der Testierende ein handschriftliches oder ein notarielles Testament nicht (mehr) erstellen kann, die Errichtung eines Nottestaments durch Erklärung vor Zeugen. Das vom Testierenden gegenüber den Zeugen mündlich Geäußerte muss in einer Niederschrift festgehalten werden. Das Nottestament verliert seine Gültigkeit, wenn der Erblasser drei Monate nach der Errichtung des Nottestaments nicht verstorben ist. Das Nottestament hat auf Grund seines engen Anwendungsbereichs wenig praktische Bedeutung.


4.4. Gemeinschaftliches Testament für Eheleute und eingetragene Lebenspartner (§ 2265 BGB)
Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern ermöglicht das Gesetz eine gemeinsame Erstellung der jeweiligen Testamente in oder auf der gleichen Urkunde. Dabei reicht es aus, wenn die letztwilligen Verfügungen der Eheleute bzw. der eingetragenen Lebenspartner nur von einem Ehegatten bzw. Lebenspartner handschriftlich verfasst sind, wenn das Dokument sodann zumindest von beiden Eheleuten bzw. Lebenspartnern eigenhändig (mit-)unterzeichnet wird. Dabei sollte jeder der unterzeichnenden Ehegatten angeben, an welchem Ort und Datum er seine Unterschrift hinzugefügt hat.


Setzen sich die Eheleute bzw. Lebenspartner gegenseitig zu Alleinerben ein, handelt es sich um ein sog „Berliner Testament“. Häufig wird dabei bereits festgelegt, wer nach dem Letztversterbenden der oder die Schlusserben werden sollen. Wird im Testament nicht ausdrücklich geregelt, dass der länger lebende Ehepartner nach dem Tod des Erstversterbenden die zunächst festgelegte Erbfolge nochmals ändern darf, ist dies nicht mehr möglich. Dies gilt auch dann, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt die Umstände oder der Wunsch, wer Erbe werden soll, ändern. Im Hinblick auf Pflichtteilsrechte und steuerrechtliche Freibeträge kann sich ein „Berliner Testament“ im Gegensatz zu anderen Wegen der Erbfolge als ungünstig – insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht - erweisen, da der Nachlass vollständig an den Partner übertragen wird und Freibeträge potentieller weiterer Erben ungenutzt bleiben. Dies sollte im Vorfeld bedacht werden.


4.5. Erbvertrag
Neben den vorstehend genannten Testamenten ist der Erbvertrag eine weitere Möglichkeit, Regelungen über das Vermögen eines Vertragspartners oder auch beider Vertragspartner nach ihrem Tod zu treffen.


Während das Testament zu Lebzeiten vom Testierenden jederzeit geändert werden kann, bindet sich der Erblasser beim Erbvertrag gegenüber einem Dritten hinsichtlich der Erbfolgeregelung. Die Bindungswirkung des Erbvertrags bezieht sich jedoch nur auf die sog. vertragsmäßigen Verfügungen (§ 2278 BGB) also solche, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen sollen. Neben den bindenden Verfügungen können im Erbvertrag auch einseitige, nicht bindende Verfügungen getroffen werden (§ 2249 BGB). Es empfiehlt sich, bei der Gestaltung des Erbvertrags klarzustellen, um welche Art Verfügung es sich handeln soll. Aufgrund der weitreichenden Bindungswirkung kann der Erbvertrag nur mit notarieller Beurkundung abgeschlossen werden, ein einfacher schriftlicher Vertrag ist nicht wirksam.



5. Was kann man in einem Testament regeln?


Es ist dem Erblasser möglich, sehr konkret festzulegen, wer nach seinem Tod welchen Teil des Vermögens wann und wie erhalten soll. Die Übertragung kann dauerhaft oder vorübergehend erfolgen und mit Einschränkungen oder Auflagen belastet sein.


Typische Regelungen in einem Testament ist die Einsetzung einer oder mehrerer Personen als Erben. Wird eine einzelne Person Erbe, spricht man vom Alleinerben. Der oder die Erben treten die Gesamtrechtsnachfolge des Verstorbenen an, d.h. das Vermögen des Verstorbenen, die Erbschaft, geht als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 BGB). Erben erhalten dabei nicht nur das positive Vermögen, sondern müssen auch sämtliche Verbindlichkeiten des Verstorbenen übernehmen. Erben mehrere zusammen, geht der Nachlass zunächst ungeteilte auf die Erbengemeinschaft über. Die einzelnen Vermögenswerte werden im Zuge der Erbauseinandersetzung unter den Miterben aufgeteilt. Der Erblasser kann die Verteilung des Vermögens unter den Erben durch Teilungsanordnung bereits im Testament festlegen. Will er den Erben die Erbauseinandersetzung nicht überlassen, kann er einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der dies vornimmt.


Einzelne Vermögensgegenstände kann der Erblasser auch im Wege eines Vermächtnisses einzelnen oder mehreren Personen zuwenden. Die Vermächtnisnehmer haben dann einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses.


Weiter kann der Erblasser die Übertragung seines Vermögens von Auflagen abhängig machen, die der Erbe oder Vermächtnisnehmer zu erbringen hat, wenn er die Erbschaft oder das Vermächtnis antritt. Häufige Auflagen sind beispielsweise die Grabpflege, die Pflege von Haus- oder Nutztieren nach dem Tod des Erblasers oder die Auflage, erst nach einer bestimmten Frist über die Erbschaft oder das Vermächtnis zu verfügen.



6. Wie wird mein Testament gefunden?


Ein Testament kann vom Testierenden erstellt werden, ohne das Dritte hiervon Kenntnis haben. Es empfiehlt sich jedoch, sicherzustellen, dass das Testament nach dem Ableben gefunden und der darin niedergelegte Wille tatsächlich umgesetzt wird. Soll das Testament nicht bereits zu Lebzeiten dem oder den Erben zugänglich gemacht oder einem vertrauten Dritten übergeben werden, bietet sich die Hinterlegung beim Nachlassgericht samt Eintrag im Zentralen Testamentsregister an. Wurde das Testament notariell beurkundet, veranlasst der Notar dies. Ein eigenhändig errichtetes Testament kann selbst beim Nachlassgericht hinterlegt werden. Im Todesfall wird das hinterlegte Testament von Amts wegen durch das Gericht aus der Verwahrung geholt und eröffnet. Die Hinterlegung schützt den letzten Willen des Erblassers vor Manipulationen durch Beseitigung, Untergang und dem nicht Auffinden des Testaments nach dem Todesfall des Erblassers.


Ein Testament sollte man nicht in einem Bankschließfach hinterlegen, da das Testament dann regelmäßig mit dem Todesfall nicht aufgefunden wird. Denn Banken öffnen Schließfächer erst, wenn sich der (vermeintliche) Erbe durch Erbschein legitimiert. Dem Nachlassgericht ist bei der Erbenermittlung das im Bankschließfach liegende Testament dann meist (noch) unbekannt.



7. Was macht das Nachlassgericht?


Das Nachlassgericht ist eine Abteilung des Amtsgerichts. Tritt ein Todesfall ein, nimmt das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte, verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses des Verstorbenen wahr. Das Nachlassgericht bringt über das Zentrale Testamentsregister zunächst in Erfahrung, ob eine letztwillige Verfügung des Verstorbenen hinterlegt wurde und eröffnet diese gegebenenfalls. Parallel dazu werden über den Ehegatten, den Lebenspartner oder nahe Familienangehörige Informationen über den Verstorbenen eingeholt, dessen Verwandtschaftsverhältnisse und den Nachlass. Mögliche Erben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte und sonstige Beteiligte werden sodann vom Nachlassgericht informiert. Soweit von dem oder den ermittelten Erben beantragt, stellt das Nachlassgericht einen Erbschein aus. Hierfür fallen Kosten in Abhängigkeit zur Höhe des Nachlasses an.


Streiten verschiedene Beteiligte über ihre Erbenstellung, klärt das Nachlassgericht im Erbscheinverfahren, wen es für den oder die Erben hält. Die dahingehende Entscheidung ist einer gerichtlichen Überprüfung durch Beschwerde oder Berufung zugänglich. Darüber hinaus kann derjenige, der sich für den wahren Erben hält, jederzeit eine Erbenfeststellungsklage bei Gericht anhängig machen, das sodann über die Erbenstellung abschließend entscheidet. Soweit durch das Nachlassgericht bereits ein abweichender Erbschein ausgegeben wurde, ist dieser einzuziehen.



8. Wie wird man Erbe oder auch nicht?


Zum Erben wird man allein aufgrund des Erbfalls, ohne dass es einer besonderen Annahmeerklärung bedarf (§ 1941 BGB). Will der zum Erben Berufene die Erbschaft hingegen nicht annehmen, ist die Ausschlagung der Erbschaft innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls und der Erbenstellung möglich und nötig (§§ 1943, 1944 BGB). Die 6-Wochen-Frist beginnt mit der Kenntnis des Erben vom Erbfall und seiner Erbeinsetzung. Im Fall der gewillkürten Erbfolge ist Fristbeginn regelmäßig das Informationsschreiben des Nachlassgerichts, es sei denn, der zum Erben eingesetzte hatte bereits früher Kenntnis vom Todesfall und vom Inhalt des Testaments, z. B. weil er dies aufgefunden oder in Verwahrung hatte. Die Ausschlagung des Erbes ist gegenüber dem Nachlassgericht zu Protokoll zu erklären. Alternativ kann die Ausschlagung auch notariell beurkundet und die Urkunde dann beim Nachlassgericht eingereicht werden.


Die Annahme wie auch die Ausschlagung einer Erbschaft können unter bestimmten Umständen angefochten werden, wenn sich der Erklärende über die Tragweite und Folgen der Erklärung geirrt hat. Dies gilt regelmäßig auch beim Irrtum über die Werthaltigkeit des Nachlasses. Die Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung der Erbschaft ist innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnis der tatsächlichen Umstände gegenüber dem Nachlassgericht zu Protokoll zu erklären (§§ 1954, 1955 BGB). Auch die Ausschlagung kann alternativ notariell beurkundet und die Urkunde dann beim Nachlassgericht eingereicht werden.

09.04.2021, 10:11
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Erbrecht