Zuwendungen des Erblassers an spätere Erben

Hat der Erblasser schon zu Lebzeiten Vermögen an einzelne Erben übertragen, stellt sich die Frage, ob dies in einer Erbengemeinschaft zu Ausgleichsansprüchen führt.
Es gilt zunächst der Grundsatz, dass Zuwendungen, die der Erblasser bereits zu Lebzeiten gemacht hat, unter den Miterben nicht ausgeglichen werden müssen.
In bestimmten Fällen gilt jedoch etwas anderes:

  1. Ausgleichung von Zuwendungen unter Abkömmlingen

    Eine Ausgleichung gem. §§ 2050, 2052 BGB hat zu erfolgen
  • zwischen Abkömmlingen (Kinder, Enkel und Urenkel) des Erblassers, wenn
  • die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung kommt (der Erblasser also kein Testament oder Erbvertrag erstellt hat oder die Abkömmlinge auf das gesetzliche Erbe einsetzt),
  • es sich bei den erhaltenen Zuwendungen um
    • Ausstattungen gem. § 1624 BGB, es sei denn der Erblasser hat angeordnet, dass diese nicht ausgeglichen werden sollen,
    • übermäßige Zuschüsse, die als Einkünfte verwendet werden sollten, • bestimmte übermäßige Aufwendungen für die Ausbildung,
      oder
    • sonstige Zuwendungen (hier insb. Geschenke), wenn der Erblasser den diesbezüglichen Ausgleich ausdrücklich angeordnet hat,

handelt.

  1. Unterschreitung der Pflichtteilsansprüche

Erhält ein Miterbe weniger, als er bei Ausschlagung des Erbes und Geltendmachung von Pflichtteils- und insbesondere den Pflichtteilsergänzungsansprüchen, bei denen die Zuwendungen grundsätzlich berücksichtigt werden, erhalten würde, kann er, auch ohne die Erbschaft auszuschlagen, gegenüber dem beschenkten Miterben einen Ergänzungsanspruch nach § 2526 BGB geltend machen. Dies gilt nicht nur für Abkömmlinge, sondern für alle Erben, die pflichtteilsberechtigt gemäß § 2303 BGB wären.

25.04.2022, 13:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Erbrecht