Vorsicht: Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt nur in ganz engen Fällen

Aufgrund der Verlängerung des Lockdowns und der stockenden Auszahlung von Hilfsleistungen, wurde der Gesetzgeber nochmals hinsichtlich der Insolvenzantragspflicht tätig. In den Medien sind jedoch des Öfteren Titel wie „Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende April verlängert“ zu lesen.
Derartige Darstellungen sind jedoch für Geschäftsführer und Geschäftspartner gefährlich, da der beschriebene Titel nur ein ganz geringer Teil der Wahrheit ist. Doch der Reihe nach:

Der Gesetzgeber hat bereits im letzten Frühjahr COVInsAG normiert, wonach die Insolvenzantragspflicht nach § 15 a InsO bis Ende September zunächst vollständig ausgesetzt war. Ab Oktober 2020 blieb die Antragsverpflichtung für den Insolvenzgrund der Überschuldung ausgesetzt. Hinsichtlich des überwiegenden Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit hatte eine „Scharfschaltung“ stattgefunden.
Seit dem 01.01.2021 sind die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung als Insolvenzgrund „scharf“ geschaltet. Dies gilt auch weiterhin bis Ende April 2021. Nur unter ganz engen Bedingungen darf von der Stellung eines Insolvenzantrags abgesehen werden. Der Gesetzgeber hatte bereits in § 1 Abs. 3 COVInsAG eine Ausnahme normiert, dies für den Fall, dass entsprechende Hilfen noch nicht gewährt wurden.
Diese Aussetzung wurde nun bis zum 30.04.2021 verlängert, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Unterstützungsleistungen rechtzeitig und nicht offensichtlich aussichtslos beantragt wurden und die Auszahlung dieser den Insolvenzgrund beseitigen würden.
Diese Formulierung birgt zahlreiche Gefahren für Geschäftsführer und Geschäftspartner, da im Dschungel der Normen zwischenzeitlich nur ungleich schwerer zu ermitteln ist, wann nun ein Insolvenzantrag zwingend zu stellen ist. Die Beseitigung des Insolvenzgrundes lässt sich dabei noch bestimmen, da der Geschäftsführer Kenntnis darüber haben sollte, welchen Betrag er als Zuschuss beantragt hat und zudem die Liquiditätslücke bezüglich der Zahlungsunfähigkeit kennen muss. Schwierig wird es jedoch beim Begriff „nicht offensichtlich aussichtslos“. In diesem Punkt hat der Gesetzgeber vollständig versagt, da darunter wiederum alles subsumiert werden kann.

Wie bereits dargelegt, birgt dies jedoch große Gefahren für Geschäftsführer. Wurde ein Insolvenzgrund zu Unrecht verneint, so drohen zu einem späteren Zeitpunkt strafrechtliche (vgl. § 15 a InsO) und zivilrechtliche (vgl. § 15 b InsO) Sanktionen. Die strafrechtlichen Sanktionen stellen die sog. Insolvenzverschleppung dar. Die zivilrechtlichen Sanktionen können jedoch nicht minder unangenehm sein, da der Geschäftsführer bei Insolvenzreife grundsätzlich für alle Abflüsse nach Eintritt der Insolvenzreife privat haftet. Im Einzelfall können zwar wieder einzelne Zahlungen erlaubt sein, gleichwohl kommen bei dieser Haftung auch schnell kumulierte Summen im 6-stelligen bzw. 7-stelligen Bereich zusammen, was wiederum die wirtschaftliche Grundlage des Geschäftsführers massiv gefährdet.

Auch Geschäftspartner sollten nun noch weitreichender die finanziellen Gegebenheiten ihres Vertragspartners prüfen und ggf., soweit dies möglich ist, nur noch bei Vorkasse liefern.

Fazit:
Die in den Medien dargestellte Verlängerung ist also keine wirkliche Verlängerung, sondern eine Regelung, welche nur in Ausnahmefällen eingreift. Vielmehr ist es noch schlimmer, dass die Regelung zu großen Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Insolvenzantragspflicht und bei Geschäftspartnern führt. Die Vertretungsorgane der Gesellschaften sollten sich daher nicht ohne weiteres darauf verlassen, sondern proaktiv etwaige Antragspflichten prüfen lassen. Sollte weiterhin eine Sanierung im Insolvenzverfahren stattfinden, so sollte ebenfalls nicht bis zum letzten Moment abgewartet werden, sondern diese Möglichkeit frühzeitig und proaktiv angegangen werden. Ist dies der Fall, so kann man ggf. noch als Alternative zum Regelinsolvenzverfahren, über ein Restrukturierungsverfahren oder über Eigenverwaltung und Schutzschirm ernsthaft nachdenken.