Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit

Umstritten ist derzeit die Frage, ob Arbeitnehmern, die sich pandemiebedingt in Kurzarbeit befinden, der Urlaubsanspruch gekürzt werden darf.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2012 (EuGH v. 08.12.2012, Az. C-229/11 und C-230/11) sind Arbeitnehmer, die sich in Kurzarbeit befinden, mit vorübergehend teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gleichzusetzen und eine Kürzung des Urlaubsanspruchs während der Kurzarbeit widerspreche nicht den europarechtlichen Vorschriften.

Nach Ansicht des DGB lasse sich die Argumentation und die Grundsätze, die der EuGH in den bislang ergangenen Urteilen nennt, nicht auf "Fälle konjunkturbedingter Kurzarbeit", wie sie aufgrund der Corona-Krise derzeit in Deutschland vorherrsche, übertragen. Die Arbeitgeber sind nach der Rechtsauffassung des DGB im Hinblick auf die Tatsache, dass sich aus dem Bundesurlaubsgesetz nicht entnehmen lasse, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit zulässig sei, nicht berechtigt, den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch aufgrund konjunkturbedingter Kurzarbeit zu kürzen.

Nunmehr hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Rahmen eines aktuellen Urteils vom 12.03.2021 (6 Sa 824/20) entschieden, dass ein Arbeitnehmer im Fall von Kurzarbeit Null keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erwirbt und der Jahresurlaubsanspruch mithin anteilig zu kürzen ist.

Zur Begründung führt das LAG Düsseldorf insoweit aus, dass im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub eine Erholung bezweckt, eine Verpflichtung zur Tätigkeit erforderlich ist, was im Rahmen der Kurzarbeit Null vor dem Hintergrund der Aufhebung der beiderseitigen Leistungspflichten nicht der Fall sei. Kurzarbeiter seien daher wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist.

Nach der Auffassung des LAG Düsseldorf entspricht dies auch dem Europäischen Recht, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht. Das deutsche Recht enthalte dazu keine günstigere Regelung. Weder existierte diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergebe sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere sei Kurzarbeit Null nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem habe der Umstand, dass Kurzarbeit durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts geändert.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.


Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021 - 6 Sa 824/20

09.04.2021, 11:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht