Überschneidung von Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchesicherheiten

Bei der Einbeziehung der Besonderen Vertragsbedingungen in der Fassung des Vergabehandbuchs des Bundes - Ausgabe 2008 - Stand Mai 2010 (BVB), in einen Vertrag, wurden eine Sicherheit für die Vertragserfüllung in Höhe von 5 v.H. der Auftragssumme „für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Erfüllung der Mängelansprüche“, eine Sicherheit für Mängelansprüche in Höhe von 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich erteilter Nachträge und eine Umwandlungsmöglichkeit „nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz“ vereinbart.

 

ENTSCHEIDUNGEN

 

Da der Auftraggeber die Möglichkeit habe, der Umwandlung erst bei der Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche zuzustimmen, ohne dass auf die Berechtigung dieser Ansprüche ankäme, ist die Klausel, nach Auffassung des Kammergerichts, unwirksam. Hierfür sei nicht maßgeblich, ob es zu einer Kumulation der zwei Sicherheiten tatsächlich kommt, sondern nur, dass der Auftraggeber die Erfüllung des Umwandlungsanspruchs ohne Berechtigung hinausschieben kann. Diese Berechtigung würde sich aus der hier maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung ergeben.

 

Zum gleichen Ergebnis kommt auch der BGH, wonach die Möglichkeit, dass eine Sicherheit, die „nicht unwesentlich über 5 % der Auftragssumme liegt“ „für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus“, wegen möglicher Mängelansprüche des Auftraggebers, verlangt wird, zur Unwirksamkeit dieser Klausel führt. Die Klausel könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine Überschneidung der zwei Sicherheiten ausgeschlossen ist. Eine Überschneidung könne nämlich dann eintreten, wenn der Auftraggeber Mängelansprüche erheben würde. Die Auslegung dieser Klausel ergebe auch nicht, dass diese als Fälligkeitsregelung zu verstehen ist, die nur solange eingreift, als eine Mängelansprüchesicherheit noch nicht gestellt wurde.

 

FAZIT

 

Solange eine mögliche Auslegung zu dem Ergebnis führt, dass eine AGB-Klausel unwirksam sein könnte, ist nur diese maßgeblich. Dieser Grundsatz hat allgemeine Gültigkeit und ist daher bei der Gestaltung von AGB’s, über den hier entschiedenen Fall hinaus, zu beachten.

 

 

KG, Urteil vom 19.06.2018 - 27 U 29/17
BGH, Urteil vom 16.07.2020 - VII ZR 159/19

18.11.2020, 09:45
Kategorien: Veröffentlichungen