Trunkenheitsfahrt mit Fahrrad rechtfertigt Anordnung zur MPU auch auf Fuß- und Radwegen

Das OVG Magdeburg entschied mit Beschluss vom 15.08.2022, dass eine Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg (in dem Glauben, einen Fußweg zu befahren) die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen kann.

Im zu entscheidenden Fall wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 16.06.2022 der Antrag des Betroffenen auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.02.2022, mit dem ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis der ihm erteilten Klassen entzogen wurde, abgelehnt.

Gegen den Beschluss legte der Antragsteller Beschwerde ein, die jedoch durch das OVG Magdeburg als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Der Antragsteller wandte gegen die erstinstanzliche Entscheidung im Wesentlichen ein, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens materiell rechtswidrig sei, weil er in seiner Wahrnehmung davon ausgegangen sei, bei der Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad am 15.08.2021 (BAK 1,85 Promille) einen Fußweg anstelle eines gemeinsamen Fuß- und Radweges benutzt zu haben. Folglich habe er nicht am öffentlichen Verkehr teilgenommen.

Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen, wenn der Betreffende ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille und mehr geführt hat. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, weil auch die Benutzung eines öffentlichen Fußweges von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr umfasst ist.

Damit käme allenfalls das Vorliegen eines Verbotsirrtums in Betracht, weil der Antragsteller sein Tun für erlaubt hielt. Da der Antragsteller die Fahrerlaubnisprüfung absolviert hatte, ist jedoch von einer Vermeidbarkeit des Irrtums auszugehen. Zudem scheidet die Berufung auf einen Verbotsirrtum bei fahrlässiger Rechtsunkenntnis ohnehin aus.

Das Verwaltungsgericht hat erstinstanzlich unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 20. 06.2013 - 3 B 102.12) zutreffend ausgeführt, dass unter § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV auch die erstmalige Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad fällt. Die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand stellt mit jedem Fahrzeug - so auch mit einem Fahrrad auf einem Fuß- oder gemeinsamen Fuß- und Radweg - eine gravierende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar.

Da eine festgestellte Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr den Verdacht eines die Fahreignung ausschließenden Alkoholmissbrauchs begründet, muss schon aus Gründen der Gefahrenabwehr den Eignungszweifeln nachgegangen werden, gleichgültig welches Fahrzeug geführt worden ist. Die Grundrechte des Betroffenen finden ihre Grenzen in den Rechten Dritter, insbesondere in dem Recht der übrigen Verkehrsteilnehmer auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Das OVG Magdeburg stellt fest, dass auch das Vorliegen einer nur geringfügigen Gefährdung - sollte die Beschwerde angesichts der konkreten Umstände der Tat darauf abzielen - nichts an der Beurteilung ändern würde. Der Fahrerlaubnisbehörde kommt nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV nämlich kein Ermessen zu.

Ihr Eingreifen ist damit auch unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht auf Fälle beschränkt, in denen sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalls eine naheliegende und schwerwiegende, an die Risiken bei auffällig gewordenen Fahrerlaubnisinhabern heranreichende Gefährdung des öffentlichen Straßenverkehrs durch den Radfahrer herleiten lässt


Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.08.2022 - 3 M 65/22

21.11.2022, 11:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht