Steinschlag - wer kommt für den Schaden auf?

Schäden am eigenen Fahrzeug durch hochgewirbelte Steine eines vorausfahrenden LKWs - ein ärgerliches Vorkommnis, welches durch Reparatur meist behoben werden kann. Fraglich ist aber, wer die Kosten der Reparatur übernimmt. Keine Frage, der LKW! – sollte man meinen. Nur ist das, wie ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zeigt, nicht immer so, sondern vielmehr immer eine Frage des konkreten Einzelfalles.

Die Vorinstanz, das AG Hersbruck, hat in einer derartigen Situation eine Haftung des LKWs aus § 115 I Satz 1 Nr.1 VVG i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG angenommen. Diese Entscheidung scheint auch grundsätzlich richtig zu sein, weil der Schaden am betroffenen PKW durch den Betrieb des LKWs entstanden ist.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde dann aber noch die Frage des Haftungsausschlusses aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses nach § 17 Abs. 3 StVG näher beleuchtet. Ein solches liegt nicht nur bei absoluter Unvermeidbarkeit des Unfalls vor, sondern gleichsam dann, wenn dieser auch bei Anwendung der größtmöglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. Erforderlich ist ein geistesgegenwärtiges Handeln des Fahrers, welches über das Maß der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB hinaus geht, sodass er sich wie ein „Idealfahrer“ verhalten haben muss. Damit verlangt § 17 Abs. 3 StVG, dass der „Idealfahrer“ in seiner Fahrweise auch die Erkenntnisse berücksichtigt, die nach allgemeiner Erfahrung im Straßenverkehr geeignet sind, Gefahrensituationen zu vermeiden.

Ein solch unabwendbares Ereignis und damit der Haftungsausschluss kann also vorliegen, wenn eine Gefährdung Dritter durch einen hochgeschleuderten Stein schlicht nicht voraussehbar war. So etwa dann, wenn ein Kraftfahrer auf einer gut ausgebauten, mit Asphalt versehenen Straße fährt oder eine Fernstraße genutzt wird, die typischerweise auf das Fahren mit hoher Geschwindigkeit ausgerichtet ist und kein Anhaltspunkt für das Herumliegen loser Steine besteht. Bei der rechtlichen Würdigung des Schadensablaufs sind also auch die Straßenbeschaffenheit und ebenso die konkrete Verkehrssituation zu berücksichtigen. Gerade in einem Baustellenbereich ist beispielsweise mit herumliegenden Steinchen zu rechnen, sodass hier eine deutliche Herabsetzung der Geschwindigkeit zur Vermeidung der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geboten ist.

Wenn Sie sich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert sehen, kontaktieren Sie uns frühzeitig, um die auftretenden Haftungsfragen klären zu können.


LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.03.2017 - 2 S 2191/16

31.03.2021, 07:46
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht