Sachgrundlose Befristung - Änderung der Rechtsprechung

Das Bundesarbeitsgericht ändert seine Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung bei Vorbeschäftigung

Der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16 – seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig ist, wenn die Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber mehr als drei Jahre zurückliegt.

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Seit einem Urteil aus dem Jahr 2011 (Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09) hatte das Bundesarbeitsgericht die Rechtsauffassung vertreten, dass der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber dann nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen steht, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurücklag.

Diese Rechtsprechung hält das BAG nunmehr auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 -) nicht weiter aufrecht. Danach hat das Bundesarbeitsgericht durch die Annahme, eine sachgrundlose Befristung sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten, weil der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht regeln wollte.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht können und müssen die Fachgerichte jedoch durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

Im Rahmen der Entscheidung vom 23.01.2019 hat das Bundesarbeitsgericht insofern nunmehr festgestellt, dass für eine Unzumutbarkeit des Verbots der sachgrundlosen Befristung bei einer Vorbeschäftigung allein ein Zeitablauf von acht Jahren seit dem Ende der Vorbeschäftigung nicht genügt.

Weiterhin hat das Bundesarbeitsgericht im Rahmen des angeführten Urteils entschieden, dass ein Arbeitgeber, der im Hinblick auf die Rechtsprechung eine sachgrundlose Befristung mit einem Arbeitnehmer vereinbart hat, der bereits länger als drei Jahre zuvor bei ihm beschäftigt war, sich nicht auf ein rechtlich schützenswertes Vertrauen in die Senatsrechtsprechung berufen kann.

10.05.2019, 00:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht