Rettungswagen muss bei Einfahrt auf eine Kreuzung jederzeit bremsbereit sein

Auch wenn ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn mit geringer Geschwindigkeit bei Rotlicht auf eine Kreuzung fährt, muss er jederzeit bremsbereit sein.

Geschieht dies nicht und ein bei grün einfahrender Motorradfahrer des Querverkehrs kollidiert mit dem Rettungswagen, so ist eine Haftungsquote von 80:20 zu Lasten des Rettungswagens angemessen. Dies stellte das Landgericht Nürnberg-Fürth in seiner Entscheidung vom 08.04.2021 fest.

Der Rettungswagen war mit einer Geschwindigkeit von etwa 13 km/h mit Blaulicht und Martinshorn bei roter Ampel auf eine Kreuzung gefahren. Dort kollidierte er mit einem Motorrad, das bei Grünlicht mit etwa 50 km/h auf die Kreuzung gefahren war. Der Motorradfahrer hatte das Martinshorn aufgrund seines Helmes akustisch nicht wahrgenommen. Auf Beklagtenseite standen der Halter, die Versicherung sowie der Fahrer des Rettungswagens.

Das Landgericht legte eine Haftungsquote von 80:20 fest und damit die überwiegende Haftung des Rettungswagens. Der Fahrer des Krankenwagens hätte jederzeit bremsbereit sein müssen, allein die geringe Geschwindigkeit von 12 oder 13 km/h sei dazu nicht ausreichend, so das LG Nürnberg-Fürth. Eine persönliche Haftung des Fahrers jedoch schloss das Gericht aus, da er sich im Einsatz befunden habe. Der Halter und die Versicherung des Rettungswagens haften gesamtschuldnerisch zu 80 %.

Der Motorradfahrer hafte nur zu 20 %. Da dieser aufgrund seines Helms den Rettungswagen akustisch nicht wahrnehmen konnte, konnte er nicht rechtzeitig reagieren. Diese betriebsspezifische Gefahr des Motorrads geht zu Lasten des Motorradfahrers, weshalb er 20 % des Schadens zu tragen hat.


Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.04.2021 – 2 O 6051/20

15.11.2021, 10:45
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht