Regelmäßig keine Mietminderung bei Flächenabweichung um weniger als 10 %

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 25.11.2020 (Az. XII ZR 40/19) Folgendes entschieden:

Weicht die tatsächliche Mietfläche bei einer Gewerbemietsache um weniger als 10 % von der vertraglich vereinbarten Fläche ab, so kommt eine Mietminderung nur dann in Betracht, wenn hierdurch der vertragsgemäße Gebrauch konkret beeinträchtigt wird.

Zum Betrieb einer Ballettschule hatte die spätere Klägerin einen Gewerbemietvertrag über ca. 300 qm große Mieträume geschlossen. Etwa ein Jahr nach Vertragsschluss und entsprechender Nutzung des Mietobjekts durch die Mieterin teilte die Vermieterin mit, dass Umbauarbeiten an der Ballettschule dazu geführt haben, dass die Mietfläche nunmehr ca. 10 qm geringer ist als im Vertrag angegeben. Die Vermieterin bat die Mieterin deshalb um eine Vertragsänderung, durch welche die Mietfläche berichtigt werden sollte. Die Mieterin lehnte die Unterzeichnung eines solchen Nachtrags zum Mietvertrag ab und erhob Klage auf Feststellung, dass sie zur Mietminderung um 10 % berechtigt ist.

Dies jedoch ohne Erfolg. Der BGH führte hierzu aus, dass aufgrund der um 10 qm verkleinerten Mietfläche zwar grundsätzlich ein Mangel der Mietsache vorliege. Jedoch berechtige ein solcher Mangel nur dann zu einer Mietminderung, wenn hierdurch die Tauglichkeit der Mietsache nicht nur unerheblich beeinträchtigt sei (vgl. § 536 Abs. 1 S. 2, 3 BGB).

Bei einer Minderfläche von mehr als 10 % wird nach der Rechtsprechung des BGH – sowohl für Wohnraum als auch für Gewerbemieträume – unterstellt, dass diese Abweichung „erheblich“ ist. Der 10-Prozent-Grenze liegt dabei die Annahme zugrunde, dass die Flächengröße ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der Mieträume ist und eine Flächenabweichung von mehr als 10 % dementsprechend grundsätzlich stets „erheblich“ ist. In derart gelagerten Fällen muss der Mieter also die Erheblichkeit seiner Gebrauchsbeeinträchtigung nicht weiter darlegen oder nachweisen, diese wird vielmehr als gegeben unterstellt.

Bei einer Flächenabweichung von weniger als 10 % – wie im vorliegenden Fall – wird eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung hingegen nicht vermutet. Dennoch ist auch in diesen Fällen nicht ausgeschlossen, dass die Erheblichkeit der Gebrauchsbeeinträchtigung und somit eine Mietminderung bejaht wird. Hier muss der Mieter jedoch konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache „erheblich“ beeinträchtigt ist.

Im hiesigen Fall hatte der Mieter die bloße Behauptung aufgestellt, dass er auf den fehlenden 10 qm vier weitere Schüler unterrichten hätte können und ihm durch die Flächenabweichung somit mögliche Einnahmen verlorengegangen wären. Diesen Vortrag hat der BGH für nicht ausreichend gehalten, weil dieser abstrakt bleibe. Eine konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung ergebe sich hieraus nicht, weshalb der BGH es ablehnte, der Klägerin ein Recht auf Minderung zuzusprechen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.11.2020 - XII ZR 40/19

18.11.2021, 13:15
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Mietrecht Privat