Pfändbarkeit von Corona-Sonderzahlungen

Das LG Dresden hatte sich im Beschwerdeverfahren mit dem Aktenzeichen 5 T 11/21 damit auseinanderzusetzen, ob ein vom Arbeitgeber gezahlter „Corona-Bonus“ unpfändbar ist.

Einem als Paketfahrer angestellten Insolvenzschuldner wurde von seinem Arbeitgeber mehrere Monate in Folge eine als „Corona Bonus St/SV-frei“ bezeichnete Sonderzahlung von 300 € gewährt, nachdem dieser in der Zeit des Lockdowns zusätzliche Aufgaben übernahm und häufig über den normalen zeitlichen Rahmen seiner Arbeitszeit hinaus – auch samstags – Pakete auslieferte.

Alledem ging voraus, dass über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Schuldner beantragte die Restschuldbefreiung und hat die pfändbaren Anteile seines Arbeitseinkommens an den künftigen Treuhänder abgetreten. Daraufhin wurde das Insolvenzverfahren – noch vor der Gewährung der Corona-Sonderzahlung – aufgehoben und der spätere Beschwerdeführer zum Treuhänder bestimmt.

Sodann führte der Arbeitgeber, unter Einbeziehung der Sonderzahlung, den pfändbaren Anteil des Arbeitseinkommens an den Treuhänder ab.

Das AG Dresden hat den „Corona-Bonus“ - auf Antrag des Schuldners - für unpfändbar erklärt. Hiergegen hat der Treuhänder sofortige Beschwerde erhoben; das LG Dresden hat der Beschwerde abgeholfen und entschied, dass Vollstreckungsschutz nicht zu gewähren sei.

Zur Begründung hat das LG Dresden ausgeführt, dass die Corona-Sonderzahlung nicht nach § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI unpfändbar sei, nachdem diese Vorschrift nur einmalige Zahlungen an Beschäftigte von Pflegeeinrichtungen während der Corona-Pandemie erfasst. Der Schuldner ist jedoch weder bei einer Pflegeeinrichtung beschäftigt gewesen noch erhielt er den Bonus einmalig – vielmehr erhielt der Schuldner diesen nach eigenen Angaben mehrere Monate in Folge.

Auch eine analoge Anwendung des § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI sei deshalb ausgeschlossen, weil die Situation des Schuldners mit der Lage der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen während der Pandemie nicht zu vergleichen sei.

Ferner sei der „Corona-Bonus“ nicht als Gefahren- oder Erschwerniszulage zu verstehen, weshalb er nicht dem Pfändungsschutz nach § 850k Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 850a Nr.3 ZPO in analoger Anwendung unterläge. Der Schuldner habe in seinem Antrag schon selbst nicht behauptet, dass er einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sei. Ein solches sei bei der Tätigkeit als Paketfahrer, bei der nur kurze Kontakte mit den Zustellungsempfängern zu erwarten wären und dabei die Schutzmaske zu tragen sei, auch nicht ersichtlich. Auch die Samstagsarbeit alleine sei keine Erschwernis im Sinne der Vorschrift, nachdem diese in vielen Berufen – unabhängig von der Corona-Krise – Alltag sei.

Schließlich sei auch eine unzumutbare Härte, die nach § 765a Abs. 1 ZPO Vollstreckungsschutz bietet, nicht gegeben. Es handele sich bei dieser Norm um eine Ausnahmevorschrift, die nur dann eingreife, wenn das Vorgehen des Gläubigers zu einem gänzlich untragbaren Ergebnis führen würde.

Eine unzumutbare Härte ergibt sich nicht schon daraus, dass die Sonderzahlung steuerfrei gewährt wurde und damit dem Arbeitnehmer – nach dem Willen des Gesetzgebers – ungekürzt zustehen solle. Das LG Dresden bezweifelt insoweit schon, ob die Bonuszahlung an den Schuldner unter den Tatbestand des § 3 Nr. 11a EStG zu fassen sei, nachdem hiernach nur solche Zahlungen bis 1.500 € abgabefrei sind, die als „Unterstützung“ oder „Beihilfe“ geleistet werden und der Schuldner hierfür hilfebedürftig sein müsste. Die Zahlung eines Bonus für einen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg des Arbeitgebers – wie vorliegend – sei nicht vom Wortlaut des § 3 Nr. 11a EStG erfasst.

Letztendlich sei eine unzumutbare Härte auch deshalb nicht gegeben, weil der Schuldner - zumindest anteilig – von der Sonderzahlung auch bei der Pfändung im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO profitiert.

Zusammenfassend gilt festzuhalten, dass eine „Corona-Prämie“ nach § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI nur dann unpfändbar ist, wenn diese einmalig an das Personal einer Pflegeeinrichtung geleistet wurde, welches dort während der Corona-Pandemie beschäftigt war. Immerhin sollen die Beschäftigten von Pflegeeinrichtungen durch diese Prämie eine besondere Wertschätzung für die Anforderungen während der Pandemie durch eine Sonderleistung in Geld erfahren.

Überdies kommt in Betracht, den „Corona-Bonus“ nach § 850a Nr. 3 ZPO dann für unpfändbar zu erklären, wenn der jeweilige Arbeitnehmer im Rahmen seines Berufs tatsächlich einem erhöhten Infektionsrisiko während der Pandemie ausgesetzt war, wie zum Beispiel Ärzte, Arzthelfer, Polizeibeamte usw. Diese gesundheitliche Gefährdungslage müsste dann jedoch im jeweiligen konkreten Einzelfall beurteilt werden und insofern auch konkret begründet werden.

Landgericht Dresden, Beschluss vom 09.02.2021 – Az.: 5 T 11/21