Nutzungsausfallentschädigung – Porsche oder Ford Mondeo?

Das OLG Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 21.07.2022, dass der Geschädigte, dem während der Reparaturzeit seines verunfallten Fahrzeugs die Nutzung eines Zweitwagens möglich und zumutbar ist, gegen den Schädiger keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung hat. Auch im konkreten Fall der Beschädigung eines Porsche 911 sei die Nutzung eines Ford Mondeo für Stadt- und Bürofahrten zumutbar. Die damit freilich einhergehende Einschränkung des Fahrvergnügens stelle nur einen immateriellen und damit nicht ersatzpflichtigen Schaden dar.

Im zu entscheidenden Fall erlitt das Fahrzeug des Klägers, ein Porsche 911, bei einem Verkehrsunfall einen fremdverschuldeten Schaden. Die Eintrittspflicht des Unfallverursachers und Beklagten war dem Grunde nach unstrittig. Mit seiner Klage begehrte der Kläger insbesondere Nutzungsausfallentschädigung für die Reparaturzeit von 112 Tagen.

Der Kläger berief sich darauf, dass er zwar neben dem Porsche noch über vier weitere Fahrzeuge verfüge, davon würden aber zwei Fahrzeuge von weiteren Familienangehörigen genutzt werden. Das dritte Fahrzeug käme überhaupt nicht in Betracht, weil es sich dabei um einen besonders ausgestatteten Rennwagen handele, der für den Straßenverkehr nicht geeignet sei. Deshalb sei ihm die Nutzung dieser drei Fahrzeuge nicht möglich. Und bei dem verbleibenden vierten Fahrzeug handele es sich um einen Ford Mondeo, dessen Nutzung ihm zwar grundsätzlich möglich, jedoch nicht zumutbar sei. Der Ford Mondeo sei nämlich für den Stadtverkehr zu sperrig und werde von der ganzen Familie deshalb ausschließlich als Lasten- und Urlaubsfahrzeug genutzt. Nicht zuletzt fehle ihm dann das Fahrvergnügen, das er mit seinem Porsche habe.

Vom Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.12.2020 – 2-15 O 27/20 – wurde dem Kläger die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung verwehrt. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil blieb ohne Erfolg.

Nach Meinung des OLG Frankfurt am Main umfasse der zu ersetzende Schaden bei der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs zwar grundsätzlich auch den Wegfall der Nutzungsmöglichkeit dieses Fahrzeugs. Denn der Geschädigte, der auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichte, dürfe nicht schlechter gestellt werden als ein Geschädigter, der einen Mietwagen in Anspruch nimmt. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung entfalle jedoch stets dann, wenn dem Geschädigten die Nutzung eines Zweitwagens möglich und zumutbar ist.

Nach Überzeugung des Gerichts hätte der Kläger seinen Ford Mondeo sowohl für die Fahrten zur Arbeit als auch für Privatfahrten nutzen können. Der Argumentation des Klägers, dieses Fahrzeug sei zu sperrig, könne nicht gefolgt werden, nachdem es sich um ein Mittelklassefahrzeug handele, das ganz unzweifelhaft auch für den Stadtverkehr geeignet sei. Ein materieller Vermögensschaden durch den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Porsche 911 werde somit objektiv durch die Nutzungsmöglichkeit des Ford Mondeo ausgeglichen.

Schließlich sei dem Kläger die Nutzung des Ford Mondeo auch nicht unzumutbar. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es sich bei dem Sportwagen Porsche 911 infolge seiner Motorisierung, Fahrleistung und Ausstattung um ein Fahrzeug aus dem deutlich gehobenen Marktsegment und nicht wie bei dem Ford Mondeo nur um ein Mittelklassefahrzeug handele. Die wegen des Unfalls nun notwendige Nutzung des Ford Mondeo anstelle des Porsche 911 führe zwar auch nach Auffassung des erkennenden Gerichts zu einer Beschränkung des Fahrvergnügens des Klägers, dabei handele es sich jedoch ausschließlich um eine immaterielle Beeinträchtigung des Klägers, die auf (s)einer subjektiven Wertschätzung fuße, und als solche nicht vom Schädiger zu erstatten sei. Denn andernfalls bestünde die Gefahr, die Ersatzpflicht des Schädigers entgegen den gesetzlichen Wertungen auf Nichtvermögensschäden auszudehnen.


Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.07.2022 - 11 U 7/21

20.09.2022, 09:30
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht