Keine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz für Lohnfortzahlung während Quarantäne nach Entsendung eines Arbeitnehmers in ein Risikogebiet

Mit Urteil vom 30.06.2021 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschieden, das kein Anspruch auf Erstattung des Arbeitsentgelts besteht, das der Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer während dessen Quarantänepflicht gezahlt hat, nachdem er in ein Risikogebiet entsandt worden war.

Der klagende Arbeitgeber hatte die Auffassung vertreten, dass ihm Entschädigungsansprüche für vorgeleistete Entschädigung gegen das beklagte Land Baden-Württemberg wegen des Verdienstausfalls des Arbeitnehmers nach Anordnung einer Quarantäne zustehen.

Im konkreten Fall hatte sich ein bei dem klagenden Maschinenbauunternehmen angestellter Servicemonteur zur Behebung eines Maschinenausfalls bei einem Kunden nach Österreich begeben, das zu diesem Zeitpunkt als Corona-Risikogebiet eingestuft war. Nach der Rückkehr des Servicemonteurs nach Deutschland teilte ihm seine Wohnortgemeinde mit, dass er sich in eine 14-tägige häusliche Quarantäne (Absonderung) begeben müsse. Das klagende Unternehmen zahlte ihm während des Quarantänezeitraums sein Arbeitsentgelt fort.

Der Klage des Unternehmens auf Erstattung des fortgezahlten Arbeitsentgelts durch das Land Baden-Württemberg hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht entsprochen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass dem Servicemonteur kein Verdienstausfall entstanden sei, dessen Ausgleich durch das Unternehmen nach dem Infektionsschutzgesetz erstattungsfähig sein könnte. Er habe vielmehr eine Lohnfortzahlung erhalten, zu der das Unternehmen auch arbeitsrechtlich verpflichtet gewesen sei. Denn der Arbeitsausfall sei aufgrund der unternehmerischen Entscheidung eingetreten, den Auftrag in einem Corona-Risikogebiet anzunehmen und durch den in Baden-Württemberg beschäftigten Servicemonteur durchführen zu lassen, obwohl dessen anschließende Absonderung vorhersehbar gewesen sei. Daher falle der Arbeitsausfall in die Risikosphäre des Unternehmens und sei jedenfalls nicht von dem Servicemonteur, dem eine Weisung zur Vornahme der Dienstreise nach Österreich erteilt worden sei, verschuldet worden.

Aber auch unabhängig von der erhaltenen Lohnfortzahlung habe der Servicemonteur keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz gehabt, deren Übernahme durch das Unternehmen erstattungsfähig sein könnte. Die Dienstreise nach Österreich sei im Sinne der maßgeblichen Regelung des Infektionsschutzgesetzes vermeidbar gewesen, da es sich bei dem zu behebenden Maschinenschaden nicht um ein höchstpersönliches oder vergleichbares außergewöhnliches Ereignis gehandelt habe. Eine Unvermeidbarkeit liege nicht vor, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Reise in ein Corona-Risikogebiet aufgrund unternehmerischer oder finanzieller Interessen des Arbeitgebers unternommen worden sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 30.06.2021 - 9 K 67/21

15.07.2021, 11:50
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht