Geschwindigkeitsverstoß: rechts aufgestelltes Temposchild gilt für sämtliche Fahrbahnen der Autobahn

Mit Beschluss vom 14.03.2022 stellte das Oberlandesgericht Düsseldorf klar, dass ein an der Autobahn rechts aufgestelltes Geschwindigkeitsschild für sämtliche Fahrbahnen der Autobahn und nicht nur für den Einfädelungs- oder Ausfädelungsstreifen gilt.

In einer Nacht im Oktober 2020 überschritt der Betroffene auf der A59 in Duisburg die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 58 km/h (nach Toleranzabzug). Nach seinen eigenen Angaben hatte er zwar das rechts aufgestellte Temposchild gesehen. Er ging aber davon aus, dass sich dieses nur auf den rechtseitig verlaufenden, kombinierten Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen bezog und eben gerade nicht auf die beiden Hauptfahrbahnen, weshalb er auch bewusst stark beschleunigt hätte. Das links aufgestellte Temposchild sei in diesem Moment von einem anderen Fahrzeug verdeckt gewesen. Dennoch wurde der Betroffene vom zuständigen Amtsgericht wegen eines vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes zu einer Geldbuße von 600 € verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Über seine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte nun das OLG Düsseldorf zu entscheiden. Die Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Auch wenn unwahrscheinlich sei, dass das links auf dem Mittelstreifen aufgestellte Zeichen zu mitternächtlicher Zeit beim Passieren des Betroffenen durch ein anderes Fahrzeug verdeckt war, folge schon aus seiner Einlassung, er habe „nur“ das rechts aufgestellte Zeichen wahrgenommen, eine vorwerfbare Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Denn die Meinung des Betroffenen, das Temposchild hätte unmittelbar rechts neben den beiden Hauptfahrbahnen stehen müssen, um für diese Wirkung zu entfalten, ist nach Auffassung des Gerichts falsch. Der Regelungsbereich eines rechts aufgestellten Verkehrszeichens umfasse im Sinne einer quer zur gesamten Fahrbahn verlaufenden Linie nämlich alle Fahrstreifen. So stünden Verkehrszeichen als Schilder regelmäßig auf der rechten Seite (§ 39 Abs. 2 S. 3 StVO). Sofern sie hingegen nur für einzelne Fahrbahnen gelten sollten, seien sie in der Regel auch über diesen angebracht (§ 39 Abs. 2 S. 4 StVO).

Der Betroffene habe das rechts aufgestellte Zeichen 274 (80 km/h) optisch richtig wahrgenommen. Damit scheide auch ein Tatbestandsirrtum aus (§ 11 Abs. 1 OWiG). Die unzutreffende Wertung des Betroffenen, dass die angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit allein für die Nebenfahrbahn gegolten habe, begründe lediglich einen Verbotsirrtum im Sinne des § 11 Abs. 2 OWiG. Dieser lasse den Vorsatz nicht entfallen, weil die Fehlinterpretation des Regelungsbereiches vermeidbar gewesen sei. Eine irreführende Häufung von Verkehrszeichen habe nicht vorgelegen. Auch die Erwägung des Betroffenen, das Zeichen hätte unmittelbar rechts neben den beiden durchgehenden Fahrbahnen stehen müssen, um für diese Wirkung zu entfalten, erscheine abwegig. Denn an dieser Schnittstelle, an der die rechte durchgehende Fahrbahn und die Nebenfahrbahn nur durch Bodenmarkierungen abgegrenzt werden, hätte das Schild auf der befahrbaren Fläche ein lebensgefährliches Verkehrshindernis für die Fahrer dargestellt, die den Spurwechsel von oder zu dem kombinierten Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen vollziehen. Verkehrszeichen dürften selbstverständlich aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht innerhalb der Fahrbahn aufgestellt werden.


Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.2022 - 2 Rbs 31/22

21.05.2022, 14:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht