Falschparker – Haftung für durch das Wegschieben verursachte Schäden?

Nach der Entscheidung des Amtsgerichts München vom 13.06.2018 ist ein Anwohner, der den vor seiner Hofeinfahrt abgestellten Pkw wegschob und dadurch beschädigte, dem Eigentümer des Pkws nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.

Der Kläger hatte seinen Pkw, trotz markierter Feuerwehrzufahrtszone und absoluten Halteverbots, vor der Hofeinfahrt des Beklagten geparkt, und forderte von ihm, der das Fahrzeug dann aus dem Weg geschoben hatte, Schadensersatz für den durch das Wegschieben entstandenen Getriebeschaden.

Das Gericht stützte seine Entscheidung darauf, dass es an einer für die deliktische Haftung des Anwohners nach § 823 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Widerrechtlichkeit dessen Handelns fehlte. Denn der Anwohner sei aufgrund seines besitzrechtlichen Selbsthilferechts aus § 859 Abs. 1 BGB berechtigt gewesen, die Besitzstörung „Blockade der Hofeinfahrt“ an seinem Hof selbst zu beseitigen. Dazu durfte er gemäß § 859 Abs. 1 BGB auch Gewalt anwenden, weil eine hieraus resultierende Beschädigung des Getriebes nicht offensichtlich gewesen sei.

Diese Berechtigung des Anwohners zum Wegschieben wurde auch nicht durch eine etwaige Pflicht zum Abwarten durchbrochen, da vorliegend für den Beklagten nichts darauf hingedeutet hätte, dass die Besitzstörung zeitnah durch den Besitzer des Pkws selbst beseitigt werden würde.

Einer Gewaltanwendung im Rahmen des besitzrechtlichen Selbsthilferechts sind mit dem geltenden Übermaßverbot Grenzen gesetzt, wonach bei nur geringfügigen Störungen keine uneingeschränkt starke Gewalt eingesetzt werden darf. Mithin dürfen im Falle nur geringfügiger Besitzbeeinträchtigungen keine offensichtlich erkennbaren Beschädigungen der fremden Sache vorgenommen und in Kauf genommen werden.

Es kommt also – wie immer – auf die konkreten Einzelfallumstände an. Beispielsweise kann die Berechtigung zum Wegschieben entfallen, wenn der Störer seine Mobilnummer, unter der er tatsächlich jederzeit sofort erreichbar ist, deutlich sichtbar hinterlassen hat. Gleichsam genügt wohl auch die Verschaffung einer sicheren Information darüber, dass der Parkende in wenigen Minuten zu seinem Pkw zurückkommen und die Störung durch Wegfahren selbst beseitigen wird, weil dann eine Pflicht zum Abwarten und damit zur Duldung der zeitweisen Besitzstörung anzunehmen ist.


Amtsgericht München, Urteil vom 13.06.2018 – 132 C 2617/18

05.08.2021, 13:15
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht