Erben und Vererben – ein Überblick in Fragen und Antworten (1/3)

1. Erbrecht – was ist das?
2. Wer kann vererben, wer kann erben?
3. Wie bestimmt man die Erben?

1. Erbrecht – was ist das?


Das Recht, das eigene Vermögen mit dem Ableben auf Dritte zu übertragen, hat in Deutschland Verfassungsrang und ist in Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) als „Gewährleistung des Erbrechts“ verankert. Die Grundidee ist, dass es jedem freisteht, selbst zu bestimmen, was mit dem Vermögen nach dem Tod geschieht. Die gesetzliche Ausgestaltung dessen findet sich überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dort in §§ 1901 - 2385 BGB. Daneben sind es häufig steuerrechtliche Regelungen, die für Zeitpunkt und Inhalt der Übertragung des Vermögens ausschlaggebend sind. 

2. Wer kann vererben, wer kann erben?

2.1. Testierfähigkeit
Wirksam vererben können setzt Testierfähigkeit voraus. Mit der Geburt ist ein Mensch Träger von Rechten und Pflichten, insbesondere hat er das Recht eigenes Vermögen zu haben, das er im Fall seines Todes hinterlässt. Zum Erblasser wird man mit dem eigenen Tod automatisch, unabhängig von Alter oder Willensbildungsfähigkeit. Die gesetzliche Erbfolge legt fest, wer das Vermögen des Verstorbenen erhält. Wer selbst bestimmen möchte, wem er sein Vermögen hinterlässt - die gewillkürte Erbfolge -, muss im Zeitpunkt der Regelung des eigenen Nachlasses die Fähigkeit besitzen, die Tragweite seiner Entscheidungen und deren Auswirkungen einschätzen zu können.


Die Testierfähigkeit ist der Geschäftsfähigkeit ähnlich, wenngleich sie nur einen Ausschnitt dessen darstellt, da sie sich nur auf die Einsichtsfähigkeit im Hinblick auf das Hinterlassen des eigenen Nachlasses bezieht. Bei einer volljährigen Person wird von der Testierfähigkeit ausgegangen, so dass es Volljährigen grundsätzlich freisteht, ihren Nachlass zu regeln. Minderjährigen wird ab Vollendung des 16. Lebensjahres ebenfalls Testierfähigkeit zugebilligt (vgl. § 2229 BGB), allerdings sind dem Minderjährigen zum eigenen Schutz letztwillige Verfügungen nur durch notariell beurkundete Testamente erlaubt. Auch Personen, die unter gesetzlicher Betreuung stehen, können, je nach Einsichtsfähigkeit, testierfähig sein. Das Betreuungsgericht kann dem Betreuten die Testierfähigkeit absprechen, wenn es davon ausgeht, dass der Betreute seinen Willen nicht frei von Einflüssen Dritter bilden kann, oder zum Schutz des Betreuten anordnen, dass er sein Testament nicht eigenhändig, sondern nur unter Mitwirkung eines Notars erstellen darf. Minderjährige unter 16 Jahren können keine letztwilligen Verfügungen treffen, also kein wirksames Testament erstellen. Da das Recht, seinen Nachlass zu Regeln, ein höchstpersönliches Recht ist, kann dies weder von einem Erziehungsberechtigten oder einem Betreuer an Stelle des Minderjährigen oder Betreuten wahrgenommen werden, noch ist eine Bevollmächtigung eines Dritten, ein Testament in Vertretung zu errichten, zulässig. In engen Grenzen können Dritte jedoch im Testament bestimmt werden, im Zuge der Umsetzung einer letztwilligen Verfügung die Entscheidung zu treffen, wer begünstigt sein soll.


Testierfähigkeit ist nicht gegeben, wenn eine Person unter einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörungen leidet und deshalb die Tragweite Ihrer Entscheidungen zum Zeitpunkt der Erstellung des Testaments oder Erbvertrags nicht erkennen kann. Wer nicht testierfähig ist, kann kein (wirksames) Testament errichten.


Relevanz erhält diese Frage beispielsweise im Streit zwischen Erben, wenn der Erblasser an Demenz litt und die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserstellung daher in Frage gestellt wird. Durch psychologische Sachverständigengutachten wird dann versucht, festzustellen, welche Einsichtsfähigkeit der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung hatte.


2.2. Erbfähigkeit
Wer erben kann, bestimmt sich nach § 1923 BGB. Danach können Erben zunächst nur Personen sei, die zur Zeit des Erbfalls leben. Erweiternd werden solche Personen einbezogen, die zur Zeit des Erbfalls zwar noch nicht leben, aber bereits gezeugt sind und lebend geboren werden. Ein bereits gezeugter Embryo bzw. Fötus kann daher Erbe werden. Nicht erforderlich ist, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserstellung oder des Versterbens wusste, dass es den Erben geben wird. Es ist beispielsweise möglich, „jedem Enkelkind“ etwas zu vermachen, ohne diese (bereits) zu kennen oder zu wissen, wie viele es sein werden. Neben natürlichen Personen können auch juristische Personen (Gesellschaften des privaten und öffentlichen Rechts) erben, beispielsweise Handelsgesellschaften, Kapitalgesellschaften, Vereine, Museen, Stiftungen, Gemeinden, Universitäten oder Religionsgemeinschaften. 


Tiere gelten rechtlich als Sachen. Sie sind nicht Träger eigener Rechte und können daher nicht erben. Tiere erben zu lassen würde zudem wenig Sinn machen, da sie ererbtes Vermögen nicht selbst verwenden und auch niemanden hierzu beauftragen könnten. Es gibt jedoch Gestaltungsmöglichkeiten, bei der eine erbfähige Person dafür Sorge zu tragen hat, dass Haus- oder Nutztiere des Erblassers nach dessen Tod in der vom Erblasser vorgegebenen Weise gepflegt und versorgt werden.


Das Erbrecht umfasst, dass niemand gezwungen werden kann, Erbe eines anderen zu werden. Es steht jedem frei, eine Erbschaft oder ein Vermächtnis auszuschlagen, wenn er dies nicht annehmen will, gleich, ob aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen.


3. Wie bestimmt man die Erben?


3.1. Gesetzliche Erbfolge – Erben nach Verwandtschaftsgrad 
Regelt eine Person ihre Erbfolge zu Lebzeiten nicht, wird ihr Nachlass nach den gesetzlichen Regeln des BGB auf die nächsten Verwandten und den Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner übertragen. Die Erbfolge ergibt sich in diesem Fall aus dem Gesetz.


Das gesetzliche Erbrecht richtet sich nach den Verwandtschaftsverhältnissen (sog. Parentel- oder Ordnungssystem). Dabei sind die Verwandten nach der Abstammung in Ordnungen aufgeteilt. Der Nachlass geht dabei zunächst an die Verwandten der höchsten Ordnung. Das Vorhandensein von Angehörigen einer Ordnung schließt die Verwandten nachfolgender Ordnungen von der Erbfolge aus (§ 1930 BGB).


1. Ordnung (§ 1924 BGB):    Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge (Enkelkinder, Urenkel des Erblassers)
2. Ordnung (§ 1925 BGB):    Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister, Nichten und Neffen des Erblassers)
3. Ordnung (§ 1926 BGB):    Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen des Erblassers)


Ehepartner sind keine Verwandten. Diese werden jedoch neben den Verwandten der 1. - 3. Ordnung erbrechtlich gesondert berücksichtigt (§ 1931 BGB). Gleiches gilt für eingetragene Lebenspartner, der einem Ehepartner gleichgestellt ist (§ 10 LPartG).


3.2. Gewillkürte Erbfolge – Testament oder Erbvertrag
Will der Erblasser die Erbfolge selbst bestimmen, muss er zu Lebzeiten eine wirksame Verfügung über sein Vermögen auf den Todesfall, eine sog. letztwillige Verfügung, vornehmen. Hierfür steht ihm die Erstellung eines Testaments oder der Abschluss eines Erbvertrags offen. 


Das Testament ist eine einseitige Verfügung des Erblassers über sein Vermögen. Dem gegenüber handelt es sich beim Erbvertrag um eine Vereinbarung mit mindestens einer weiteren Person, bei der ein Leistungsaustausch festgelegt wird, wobei der Erblasser zumindest einen Teil seiner Leistungen erst auf den Todesfall verspricht. Wesentlicher Unterschied zum Testament ist, dass sich die Parteien des Erbvertrags unwiderruflich binden, während das Testament jederzeit änderbar ist.

09.04.2021, 09:42
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Erbrecht