Eine weiche Patronatserklärung reicht nicht aus, um die rechnerische Überschuldung zu verhindern

Der BGH hat in seinem Urteil vom 13. Juli 2021, Az. II ZR 84/20 entschieden, dass eine weiche Patronatserklärung nicht ausreicht, um eine rechnerische Überschuldung zu verhindern.

Eine weiche Patronatserklärung ist eine unverbindliche Absichtserklärung des Patrons – z. B. der Muttergesellschaft – das Unternehmen finanziell zu unterstützen. Ein Anspruch des Unternehmens gegen den Patron wird dadurch nicht begründet. Es handelt sich dabei viel mehr um eine Absichtserklärung. Die harte Patronatserklärung dagegen begründet einen Anspruch. Hier ist wiederum zwischen der externen und internen Patronatserklärung zu unterscheiden. Die externe Patronatserklärung wird gegenüber einem Dritten – also dem Gläubiger – abgegeben und begründet einen Anspruch des Gläubigers gegen die Muttergesellschaft. Die interne Patronatserklärung wird gegenüber dem Unternehmen abgegeben, sodass dieses daraus Ansprüche gegen die Muttergesellschaft geltend machen kann.

Die weiche Patronatserklärung findet aufgrund ihrer Unverbindlichkeit keine Berücksichtigung in der Bilanz des Unternehmens. Sie kommt daher zur Verhinderung der rechnerischen Überschuldung nicht in Betracht – im Gegensatz zur harten internen Patronatserklärung. Sie kann allerdings in Ausnahmefällen im Rahmen der Fortführungsprognose Berücksichtigung finden. Liegt eine rechnerische Überschuldung vor, so kann regelmäßig daraus die insolvenzrechtliche Überschuldung geschlossen werden. Kann jedoch von einer positiven Fortführungsprognose ausgegangen werden, so ist trotz rechnerischer Überschuldung eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht gegeben.

Die Fortführungsprognose stellt eine Zahlungsfähigkeitsprüfung anhand eines Ertrags- und Finanzplans dar. Daraus muss sich ergeben, dass die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Die Ertrags- und Finanzplanung sowie die darauf gründende Prognose bedarf einer fortlaufenden Überprüfung. Eine weiche Patronatserklärung kann allerdings nur dann Berücksichtigung finden und zu einer positiven Fortführungsprognose führen, sofern mit der finanziellen Unterstützung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden kann. Kann mit der finanziellen Unterstützung nicht gerechnet werden, rechtfertigt dies keine positive Fortführungsprognose. Dadurch könnte die Muttergesellschaft ansonsten die Insolvenz des Unternehmens beliebig verzögern, ohne selbst ein eigenes Haftungsrisiko zu tragen. Dies würde zulasten der Gläubiger gehen.

Ist die Muttergesellschaft – die in der Entscheidung des BGH auch Gesellschafterin war – nicht dazu bereit, dem Unternehmen weiteres Eigenkapital oder nachrangiges Fremdkapital zuzuführen oder gar eine harte Patronatserklärung abzugeben, ist in der Regel nicht von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Zufuhr der finanziellen Mittel zu rechnen. Die Muttergesellschaft wolle sich in diesem Fall nicht dauerhaft verpflichten und sicherstellen, die Zufuhr finanzieller Mittel jederzeit einstellen zu können. Dass die Muttergesellschaft dem Unternehmen in der Vergangenheit bereits finanzielle Mittel zukommen hat lassen, führt nicht zu der Vermutung, dass auch zukünftig Liquiditätslücken mithilfe der Muttergesellschaft geschlossen werden können.

Umstände, die dennoch dazu führen, dass eine weiche Patronatserklärung im Rahmen der Fortführungsprognose positiv Berücksichtigung findet, sind substantiiert vom Geschäftsführers des insolvenzreifen Unternehmen darzulegen und zu beweisen.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall bestand darüber hinaus noch eine Kündigungsmöglichkeit der Muttergesellschaft. Daraus folgen zusätzliche Zweifel an dem Willen, das Unternehmen tatsächlich mit finanziellen Mitteln auszustatten und künftige Liquiditätslücken schließen zu wollen.

Das Urteil des BGH zeigt, dass die Anforderungen, um mit einer weichen Patronatserklärung einer Überschuldung entgegenzutreten, sehr hoch liegen. Weiche Patronatserklärungen haben nur einen unverbindlichen Charakter und stellen keine Sicherheit dar, dass dem Unternehmen überhaupt finanzielle Mittel zufließen bzw. eine finanzielle Unterstützung zugutekommt. Unter Beachtung der Gläubigerinteressen kann somit wohl einer Zahlungsunfähigkeit nur in Ausnahmefällen entgegengetreten werden.


Bundesgerichtshof, Urteil vom13. Juli 2021 – II ZR 84/20