"Datenschutz ist kein Tatenschutz"

Urteil vom 23.08.2018 - 2 AZR 133/18

Ein Arbeitgeber spricht wegen des Verdachts einer Straftat eine außerordentlich fristlose Kündigung aus. Nach Auswertung von Aufzeichnungen einer offenen Videoüberwachung, ist dieser zu dem Ergebnis gekommen, dass der später gekündigte Arbeitnehmer ein Vermögensdelikt zu seinen Lasten begangen hat.

Das Landgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und ist bezüglich der Videoaufnahmen von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen. Die Aufnahmen seien erst 6 Monate später  und somit zu einem Zeitpunkt ausgewertet worden, zu dem diese gemäß § 6b Abs. 5 BDSG aF längst hätten gelöscht werden müssen.

BAG hat die Revision des Arbeitgebers als begründet erachtet. In erster Linie ist die Rechtmäßigkeit der Aufzeichnung zu untersuchen. Als Grundlage hierfür kamen nach der alten Rechtslage  § 6b Abs. 5 BDSG aF (Schutz der Allgemeinheit vor einem Ausufern der Videoüberwachung in einem öffentlichen Raum) oder § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG aF (Ausgleich der Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern) in Betracht. Ist diese Frage bejaht, bleibt die Speicherung dieser Videoaufnahmen, die geeignet sind, den verfolgten Zweck (hier den Nachweis der zu missbilligenden Tat) zu fördern, grundsätzlich erforderlich, bis der Zweck erreicht, aufgegeben oder nicht mehr erreichbar ist. Diese Eignung ist objektiv, d.h. unabhängig von einer Kenntnis des Arbeitgebers zu ermitteln. Der Arbeitgeber ist somit nicht verpflichtet, zeitnah alle Videoaufnahmen auf relevante Passagen zu untersuchen.  Der vorsätzlich handelnde Täter sei nicht schutzwürdig. Er sei dies auch nicht durch bloßen Zeitablauf. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Verhalten das Arbeitgebers die Gefahr eines Missbrauchs erkennen lassen würde.

Fazit

Die Entscheidung verdeutlich, dass der Schutz der personenbezogenen Daten keinen absoluten Charakter hat. Es bedarf vielmehr einer Abwägung aller widerstreitenden Interessen. Für den Arbeitgeber bedeutet die Entscheidung auch, dass er nicht zeitnah alle zulässig erhobenen Videoaufnahmen überprüfen und löschen muss. Er darf diese Überprüfung erst dann führen, wenn konkrete Gründe Anlass hierfür liefern.  Außerdem wird klargestellt, dass dieser Schutz nicht zu dem alleinigen Zweck in Anspruch genommen werden kann, um sich einer strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen.

Auch BDSG-neu enthält Vorschriften betreffend die Videoaufzeichnungen. § 4 regelt die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Normen. § 26 normiert die Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. 

12.05.2019, 00:00
Kategorien: Veröffentlichungen