Unwirksamkeit einer Stoffpreisgleitklausel

BGH, Urteil vom 25.01.2018 - VII ZR 219/14

Ein Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Baumaßnahme Hochwasserschutz. Bestandteil der Vergabeunterlagen war auch die Stoffpreisgleitklausel Stahl. Die Klausel lautet auszugsweise wie folgt:

„2.4 Bei Stoffpreissenkungen ist der Auftragnehmer verpflichtet, die ersparten (=Minder-) Aufwendungen von seinem Vergütungsanspruch abzusetzen. 3.1 Der Auftraggeber setzt im Einheitlichen Formblatt - EFB-StGL319 einen "Marktpreis" […] für die jeweilige Stahlart zum Zeitpunkt der Versendung der Angebotsunterlagen (Monat/Jahr) als Nettopreis in Euro/Tonne fest. 3.2 Der Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung wird ermittelt aus dem vorgegebenen "Marktpreis" (3.1) multipliziert mit dem Quotienten der Preisindizes (Monat/Jahr) der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (GP) des Statistischen Bundesamtes vom Tag des Einbaus bzw. der Verwendung und dem vom Auftraggeber unter Nr. 3.1 genannten Zeitpunkt, veröffentlicht in der Fachserie 17, Reihe 2 unter der entsprechenden GP-Nummer. 3.3 Mehr- oder Minderaufwendungen werden errechnet für jeden einzelnen im Verzeichnis genannten Stoff aus der Differenz des "Preises" vom Tag des Einbaus bzw. der Verwendung (Nr. 3.2) und des vom Auftraggeber vergebenen "Marktpreises" zu dem im Verzeichnis vorgegebenen Zeitpunkt (Nr. 3.1).“

Die Schlussrechnung des AN wird unter Berufung auf Minderaufwendungen, berechnet nach der Stoffpreisgleitklausel Stahl, gekürzt. Der AN hat restlichen Werklohn eingeklagt. Das LG München hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des AN wurde durch das OLG München zurückgewiesen. Auf die Revision des AN hat jedoch der BGH entschieden, dass die Klausel überraschend ist und daher nicht Vertragsbestandteil wird, denn sie hält den AN, „ohne ausreichenden Hinweis, zur Vermeidung erheblicher Nachteile bei Stoffpreissenkungen“ dazu an, „bereits bei seiner Kalkulation von üblichen Grundsätzen abzuweichen“. Mit Hilfe eines Berechnungsbeispiels verdeutlicht der BGH, dass der AN Gefahr läuft, weniger als den tatsächlich von ihm bezahlten Stahlpreis, im Extremfall gar keine Vergütung für Stahl zu erhalten.

Mit diesem Urteil bestätigt der BGH eine frühere Entscheidung (Urteil vom 01.10.2014 - VII ZR 344/13), mit welcher die "HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel (03/06)" aus dem gleichen Grund als unwirksam angesehen wurde.

Fazit

Die Entscheidung eröffnet für alle AN, denen gegenüber solche Klauseln verwendet wurden, die Möglichkeit, Rückforderungsansprüche geltend zu machen. Für diesen Anspruch gilt die dreijährige Verjährungsfrist. Es bleibt abzuwarten, ob diese Auffassung aufrechterhalten bleibt, nachdem in der aktuellen Fassung des VHB 225 der Begriff "Basiswert" (statt „Marktpreis“) eingeführt wurde.

02.02.2019, 12:00
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