BGH: Hochzeitspaar muss bei coronabedingter Absage Miete für die Location zahlen

Im Urteil vom 02.03.2022 (Az. XII ZR 36/21) hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Paar, dessen Hochzeitsfeier aufgrund von Corona-Maßnahmen abgesagt werden musste, die Miete für die Location voll zahlen muss. Im konkreten Fall entschied der BGH, dass das Hochzeitspaar zur vollständigen Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet ist und keine Rückzahlung verlangen kann.

Im entschiedenen Fall hätte die Hochzeitsfeier mit circa 70 Personen am 01.05.2020 stattfinden sollen. Das Paar, das bereits am 11.12.2018 standesamtlich geheiratet hatte, mietete Räumlichkeiten für die Feier bei der späteren Beklagten und zahlte die vereinbarte Miete bereits im Voraus. Allerdings konnte die Hochzeitsfeier nicht wie geplant stattfinden, nachdem die damals geltende Corona-Schutzverordnung Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagte. Aufgrund dessen bot die Veranstalterin dem Hochzeitspaar – unter Angabe von Alternativterminen – an, die Feier zu verschieben. Jedoch wollten diese keinen anderen Termin vereinbaren. Vielmehr forderte das Paar die Betreiberin der Location zur Rückzahlung der bereits geleisteten Miete auf und erklärten den Rücktritt vom Vertrag.

Der BGH entschied im hiesigen Fall, dass das Hochzeitspaar zur Zahlung der vollen Miete verpflichtet ist und keine Rückzahlung von der Beklagten verlangen kann. Die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie hätten den Gebrauch der Location zum vereinbarten Mietzweck für die Kläger nicht unmöglich gemacht. Außerdem sei ein Mangel der Mietsache nicht gegeben und damit eine Mietminderung nach § 536 BGB abzulehnen. Schließlich sei durch die Corona-Schutzverordnung weder die Gebrauchsüberlassung der Räumlichkeiten durch die Beklagte noch die Nutzung der Mieträume durch die Kläger verboten worden. Zwar sei die Durchführung der geplanten Hochzeitsfeier untersagt worden, dennoch hätten die Räumlichkeiten grundsätzlich zum Mietgebrauch zur Verfügung gestanden. Insoweit verwies der BGH auf seine grundlegende Entscheidung vom 12.01.2022 (Az. XII ZR 8/21), zu der wir an dieser Stelle bereits berichtet haben. In dieser führte der BGH aus, dass eine Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolge, keinen Mietmangel nach § 536 Abs. 1 BGB darstelle. Nichts Anderes dürfe demnach auch im vorliegenden Fall gelten.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz habe das Hochzeitspaar, nach Ansicht der Bundesrichter, auch keinen Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage, weshalb das Hochzeitspaar auch hiernach keine vollständige oder teilweise Befreiung von der vereinbarten Mietzahlung verlangen könne. Zwar käme ein solcher Anpassungsanspruch vorliegend grundsätzlich in Betracht, es bedürfe hierbei jedoch einer umfassenden Abwägung der gegenläufigen Interessen von Mieter und Vermieter, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls miteinzubeziehen seien.
Nach Ansicht des BGH hätten die Kläger allenfalls einen Anspruch auf Verlegung der Hochzeitsfeier gehabt. Eine solche Terminverlegung sei im konkreten Fall sowohl angemessen als auch zumutbar gewesen. Insbesondere deshalb, weil das Paar bereits im Dezember 2018 standesamtlich geheiratet habe und die Hochzeitsfeier damit nicht, wie sonst üblich, im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Trauung gestanden habe. Dem Hochzeitspaar wurden mehrere Ausweichtermine seitens der Beklagten angeboten, welche die Kläger jedoch allesamt ablehnten. Dass das Paar sich somit entschied, die Feier überhaupt nicht mehr stattfinden zu lassen, fiele alleine in deren Risikobereich. Besondere Gründe, weshalb die Hochzeitsfeier ausschließlich am 01.05.2020 und nicht auch zu einem späteren Termin hätte stattfinden können, seien von den Klägern nicht vorgetragen worden.


Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.03.2022 – XII ZR 36/21.

29.03.2022, 10:50
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Mietrecht Privat