Bei außerordentlicher Kündigung wegen Mietschulden zählt nur Gesamtrückstand

Ob ein zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigender erheblicher Mietrückstand vorliegt, ist alleine nach der Gesamthöhe der rückständigen Teilbeträge der Miete zu bestimmen. Der Mietrückstand ist dabei nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 08.12.2021 (Az. VIII ZR 32/20).

Dem Urteil lag dabei der folgende Sachverhalt zu Grunde: Wegen Zahlungsrückstanden in Höhe von insgesamt 839 Euro hatte die Vermieterin einer Berliner Wohnung ihrer Mieterin im Februar 2018 fristlos gekündigt. Von der monatlichen Bruttomiete in Höhe von 704 Euro war die Mieterin für Januar 2018 einen Betrag von 135 Euro schuldig geblieben, für Februar 2018 zahlte sie gar keine Miete. Nachdem sich die Mieterin weigerte, aus der Wohnung auszuziehen, erhob die Vermieterin Klage auf Herausgabe und Räumung der Mietwohnung.

Während das Amtsgericht der Räumungs- und Herausgabeklage der Vermieterin stattgab, wies das Landgericht die Klage ab. Nach Auffassung des Landgerichts lag der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB – Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine – nicht vor. Der Gesamtbetrag von 839 Euro übersteige zwar eine Monatsmiete und sei deshalb nicht unerheblich (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 BGB), jedoch sei für Januar 2018 kein erheblicher Teil der Miete offengeblieben. Der Rückstand für diesen Monat (135 Euro) betrage lediglich 19 Prozent der Gesamtmiete. Ein nicht unerheblicher Rückstand läge jedoch erst bei einem Mietanteil in Höhe von „etwa einer hälftigen Monatsmiete“ vor.

Die von der Vermieterin eingelegte Revision beim BGH hatte hingegen Erfolg. Die obersten Zivilrichter hoben das Urteil des Landgerichts auf und gaben der Räumungsklage statt. Das Mietverhältnis der Parteien sei durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Vermieterin beendet worden, da die Mieterin für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug war. Nicht maßgeblich sei hierbei, dass der für Januar 2018 entstandene Rückstand von 135 Euro – gemessen an einer Monatsmiete von 704 Euro – für sich allein gesehen als unerheblich zu werten sei. Dabei komme es – anders als das Landgericht annahm – ausschließlich auf die Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge an. Eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Mietrückstände im Verhältnis zur Bruttomiete sähe das Gesetz nicht vor. Ob jeder rückständige Teilbetrag für sich genommen im Verhältnis zur Monatsmiete erheblich ist, sei deshalb nicht entscheidend.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2021, VIII ZR 32/20.

28.02.2022, 10:00
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Mietrecht Privat