Anforderungen an die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns

Nach § 1 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber, wobei der aktuelle Mindestlohn seit dem 01.01.2021 9,50 € brutto (ab dem 01.07.2021 9,60 €) je Zeitsunde beträgt. Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen sind gemäß § 3 MiLoG unwirksam.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat sich im Rahmen einer aktuellen Entscheidung mit der Frage befasst, ob die sich aus dem Mindestlohngesetz ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung eines Arbeitslohns in Höhe des Mindestlohns auch durch die Gewährung von Sachleistungen, wie zum Beispiel durch die Überlassung eines Kraftfahrzeugs, oder durch die Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung erfüllt werden kann.

Im Rahmen des Beschlusses vom 26.11.2020 (201 ObOWi 1381/20) hat sich das Bayerische Oberste Landesgericht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Ergebnis angeschlossen und festgestellt, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nicht durch die Gewährung von Sachleistungen – hier durch die Überlassung eines Kraftfahrzeugs – erfüllt. Aus § 1 MiLoG ergebe sich eindeutig durch den Begriff „Zahlung“ und die Nennung eines Eurobetrags in „brutto“ eine Entgeltleistung in Form von Geld. Demnach stehe bereits der Gesetzeswortlaut der Auslegung, dass auch die Gewährung von Sachbezügen die Pflicht zur Entgeltfortzahlung erfüllen könnte, eindeutig entgegen.

Auch die Zahlung einer Betriebsrente bzw. einer Alterspension ist nach dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts unter keinen Umständen geeignet, den Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns zu erfüllen. Der Arbeitgeber muss den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn durch solche im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen erbringen, die dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Dabei sind alle im Synallagma stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen. Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt aber solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (vgl. BAG v. 25.5.2016 –5 AZR 135/16).
Die Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung stehe zwar mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung, es fehle aber an dem erforderlichen unmittelbaren Austauschverhältnis, denn in der Regel wird die Zahlung der betrieblichen Altersversorgung auch dann erfolgen, wenn der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin nicht die monatlich geschuldete Arbeitsleistung erbringt. Insoweit sei die Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung nicht mit einer Jahressonderzahlung vergleichbar, die nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG v. 25.5.2016 –5 AZR 135/16) zu berücksichtigen sein kann, sofern die Jahressonderzahlung eine im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis stehende Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung darstellt, auch wenn die Zahlung erst am Jahresende erfolgt.


BayObLG, Beschl. v. 26.11.2020 – 201 ObOWi 1381/20

09.04.2021, 11:10
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht